Expertinnen-Interview mit Heike Fink

Wir haben Heike Fink gefragt, was ihr bei einer Ergonomieberatung wichtig ist und wie sie mit Herausforderungen umgeht. Lesen Sie das gesamte Interview hier:

 

Heike Fink ist Ergotherapeutin und Ergonomieberaterin und bietet Einzel- und Gruppenberatungen zur Ergonomie direkt am Arbeitsplatz an. Ihrer Erfahrung nach entsteht ergonomisches Arbeiten durch eine Mischung aus hochwertiger Ausstattung, dem optimalen Einsatz der Ausstattung und einem sorgsamen gesundheitsförderlichen Umgang mit unvermeidbaren Belastungen.

 

DIEBERATERINNEN: Heike, kannst du eine typische Ergonomieberatung beschreiben? Worauf achtest du, worüber sprichst du?

Heike Fink: Es gibt natürlich ganz grundsätzliche Aspekte der Ergonomie, typische Inhalte einer Beratung, die auf häufige Belastungen arbeitender Menschen eingehen, wie z. B. Sitzen als Zwangshaltung bei Bildschirmarbeit, dauerhaftes Stehen in der Produktion oder im Kundenbereich, Heben und Tragen schwerer Lasten oder Pflegehandlungen im Gesundheits- und Sozialwesen.

Gleichzeitig ist es jedes Mal ein neues Herangehen, denn es ist sehr individuell, was Menschen als Belastung erleben und wie sie damit umgehen. Es ist ein Dialog mit einem gemeinsamen Analysieren der Belastungen und der gefühlten Beanspruchung, zu den Strategien im Umgang mit Anstrengung und gesundheitsförderlichen Lösungen.

 

DIEBERATERINNEN: Wie gehst du an eine Ergonomieberatung heran? Was ist dir wichtig?

Heike Fink: Ich arbeite gerne direkt vor Ort, lass mir konkret erklären und zeigen, wie die Menschen arbeiten, welche Aufgaben sie haben, was sie gerne tun, was sie müde macht, was sie belastet, wann sie Unterschiede spüren. So kann ich mir ein Bild von den Tätigkeiten, der Ausstattung, der Abläufe, von Abwechslung und Ausgleich machen. Sogar wenn Menschen die gleichen Aufgaben haben, gehen alle etwas verschieden an sie heran: durch Konstitution, Händigkeit, Erfahrungen und gesundheitliche Vorbelastungen. Und ich sehe dann auch die Ausstattung, mit der gearbeitet wird.

 

DIEBERATERINNEN: Würdest du sagen, eine ideale Ausstattung ermöglicht Ergonomie?

Heike Fink: Eine hochwertige Ausstattung bringt durchaus eine Reduktion der Arbeitsbelastungen. So sind höhenverstellbare Tische, anpassbare Stühle, Hebehilfen, gutes Werkzeug unterstützend, um eine gesunde Körperhaltung während der Arbeit einzunehmen und den Körper bestmöglich vor Belastungen zu schützen. Aber wie gesagt, es gibt immer den Aspekt des persönlichen Verhaltens dabei. Es nützt kein super toller Stuhl, wenn ich die Einstellmöglichkeiten nicht kenne. Ein höhenverstellbarer Tisch bringt keinen Vorteil, wenn ich trotzdem immer sitze. Hilfsmittel stehen teilweise ungenutzt am Arbeitsplatz.

 

DIEBERATERINNEN: Und was hindert Arbeitnehmer:innen daran, gute Ausstattung einzusetzen?

Heike Fink: Dafür gibt es einige Motive und es lohnt sich immer, die individuellen Beweggründe herauszufinden. Etwa das Gefühl, langsamer zu sein, ein unpraktisches Hilfsmittel zu haben, kompliziert damit umgehen zu müssen, von der eigentlichen Arbeit abgelenkt zu werden oder bewährte Gewohnheiten verändern zu müssen. Es kann auch die Sorge sein, als wenig belastbar, krank oder empfindlich wahrgenommen zu werden.

 

DIEBERATERINNEN: In deinen Ergonomieberatungen geht es um mehr als um das Sprechen über Arbeitshaltungen und Arbeitstechniken?

Heike Fink: Im besten Falle Ja. Vor allem wenn Menschen bereits Beschwerden haben, reagieren sie zwar sehr dankbar auf Wissen und sind durchaus veränderungsbereit. Eine dauerhafte Veränderung im Alltag ist dann die Herausforderung. Es ist nicht einfach, einen guten Umgang mit beruflicher Belastung und gesundheitsförderlichem Verhalten stabil zu etablieren. Mir ist wichtig, Zuversicht und Kreativität für dieses Gelingen in den Beratungen zu wecken. Im Fall der Ergonomie kann das z. B. heißen, in kleinen Teams gesunde Arbeitsweisen gemeinsam zu reflektieren, von Problemlösestrategien der Kolleg:innen zu lernen. Oft ist viel nicht geteilte Kompetenz in den Teams bereits vorhanden. Dieses dialogische Arbeiten finde ich häufig produktiv und empowernd. Gefunden werden maßgeschneiderte Lösungen, die eine Chance haben, auf Dauer und auch im Stress erinnert und umgesetzt zu werden. Ergonomische Lösungen liegen konkret vor Ort und müssen dort gefunden und etabliert werden. Sie ergeben sich überwiegend aus einer Mischung aus guten Verhältnissen und einem gesundheitsförderlichen und achtsamen Verhalten bei unvermeidbaren Belastungen - idealerweise eingebunden in eine Strategie der Betrieblichen Gesundheitsförderung.

 

Kontakt: Heike Fink, heike.fink@ergomal2.at, www.ergomal2.at